Studienreise an die Orte des deutschen NS-Verbrechens im besetzten Polen

© AGSA | K. Blau

Studienreise an die Orte des deutschen NS-Verbrechens im besetzten Polen.

Die Studienreise der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt führte uns in der vergangenen Woche (31. August bis 05. September 2025) nach Polen, um das deutsche NS-Vernichtungslager Treblinka im historischen und geografischen Kontext intensiver kennenzulernen. Im Mittelpunkt standen das Gedenken an die Verbrechen der deutschen Nationalsozialisten im von Deutschland besetzten Polen sowie die Auseinandersetzung mit Orten des Widerstands, des jüdischen Lebens und der deutsch-polnischen Erinnerungskultur.

Zentrale Station der Reise war die Gedenkstätte des NS-Vernichtungslagers Treblinka. Das Lager war im Rahmen der „Aktion Reinhardt“ eigens für die systematische Ermordung von jüdischen Menschen geschaffen worden; hier wurden in kaum mehr als einem Jahr fast eine Million, überwiegend polnische Jüdinnen und Juden, getötet. Nach einer Meldung vom 22. Juli 1942 war Treblinka bereit, Deportationstransporte aufzunehmen. Damit begann die „Große Aussiedlung“ aus dem Warschauer Ghetto und den östlichen Teilen des Distrikts Warschau. Der erste Transport mit Jüdinnen und Juden aus dem Warschauer Ghetto traf am 23. Juli 1942 ein.

Ein weiterer Schwerpunkt der Reise waren Erinnerungsorte in der Region. Im Museum der Familie Pilecki in Ostrów-Mazowiecka wurde an Witold Pilecki erinnert, der als Offizier der polnischen Untergrundarmee bewusst in das deutsche Konzentrationslager Auschwitz ging, um von dort Berichte an die Alliierten zu übermitteln.

In der Stadt Sadowne gedachten wir der Bäckerfamilie Lubkiewicz, die von deutschen Gendarmen ermordet wurde, weil sie verfolgten Juden Brot geschenkt hatte. Eine Nachfahrin der Familie berichtete von den Geschehnissen und zeigte die Räume der früheren Bäckerei. Erst 1997 wurde die Familie von Yad Vashem mit der Medaille „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.

In Warschau besuchten wir das Museum der Geschichte der polnischen Juden (Muzeum Historii Żydów Polskich POLIN). Das moderne, eindrucksvoll gestaltete Museum zeichnet die über tausendjährige Geschichte der Juden in Polen nach – ihre Kultur, ihren Alltag, aber auch Diskriminierung, Verfolgung und die Verbrechen der Shoah. Neben dem Museum besuchte die Gruppe das Denkmal für die Helden des Warschauer Ghettos, wo Bundeskanzler Willy Brandt 1970 mit seinem Kniefall ein historisches Zeichen setzte.

Die anschließende Führung durch die Warschauer Altstadt verdeutlichte den Wiederaufbauwillen Polens: Die Stadt war am Ende des Zweiten Weltkriegs nahezu vollständig zerstört – teils durch Kriegseinwirkungen, vor allem aber durch gezielte Sprengungen der deutschen Besatzer nach der Zerschlagung des Warschauer Aufstands. Bis 1955 wurde das historische Zentrum weitgehend originalgetreu rekonstruiert; seit 1980 gehört es zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Im Rahmen des Besuchs führten Maik Reichel, Direktor der Landeszentrale, und Krzysztof Blau, Geschäftsführer der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt, ein Gespräch mit Czesław Lewandowski, Überlebendem des deutschen Konzentrationslagers Stutthof und Vorsitzendem des Dachverbandes der polnischen Kriegsveteranen und ehemaligen politischen Häftlinge (Związek Kombatantów RP i Byłych Więźniów Politycznych). Im Mittelpunkt stand die Möglichkeit, künftig Zeitzeugengespräche mit Jugendlichen aus Sachsen-Anhalt durchzuführen.

Unsere Teilnahme an der Studienreise hat uns die Unmenschlichkeit des nationalsozialistischen Terrors im besetzten Polen in all seinen Facetten vor Augen geführt. Die millionenfachen Morde dürfen niemals vergessen werden. Sie mahnen uns an die Bedeutung des Erinnerns und an die tägliche Verantwortung für Demokratie, Vielfalt und Menschlichkeit.

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