TIC or Tric – use it quick

Trinationationaler europäischer Austausch für die Verbesserung von Lehrer*innenfortbildung

Herkunftsnachweis: © AGSA

Im Rahmen des EU-Programms Erasmus+ entwickelt auf Grundlage von internationalen Hospitationen eine Delegation aus Polen, Spanien und Deutschland die eigenen Lehrerfortbildungscurricula digital, interkulturell und innovativ weiter. Den Start des internationalen Austausches machte Spanien und lud aus Deutschland die Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. sowie MSCDN aus Warschau vom 19. bis 24.11.2023 nach Huesca in die Region Aragonien ein. Von Grundschule bis Universität über Konservatorium, Lehrerfortbildungszentrum und Abendschule erhielten die Teilnehmenden einen umfangreichen Einblick zu Best-Practice Projekten in Aragonien und tauschten sich über eigene Ansätze und Erfahrungen aus. Wie kann der Unterricht noch innovativer und näher am Lebensalltag der Schüler*innen gestaltet werden? Kann zum Beispiel Prozentrechnung durch digitale Tools, interaktive Methoden oder Robotik noch besser vermittelt werden? Welche Rolle spielt Interkulturalität und Inklusion im spanischen Schullalltag und Fortbildung der Lehrkräfte? Dies waren nur einige Fragen, die die Teilnehmenden bewegten.

Erste Antworten erhielt die Delegation in Huescas Lehrerfortbildungszentrum. Hier werden die Lehrkräfte methodisch weitergebildet und können in der eigenen Bibliothek auf Methoden- und thematische Bücherkoffer für den Unterricht zurückgreifen. Innovativität bedeutet hier Robotik bzw. digitale Instrumente für den Unterricht einzubinden, starre Sitzformen aufzulösen sowie aktivierende Methoden für den Klassenraum zu entwickeln, die die gesamte Schülerschaft einbezieht und alle aktiviert. Fachliche Inhalte sollten möglichst nah am Lebensalltag der Schülerschaft vermittelt werden und für das Leben lehren, sagte Hector Banzo. „Warum nicht beispielsweise einmal Prozentrechnung mit Einkaufsprospekten erklären?“, erläuterte er.

Für besonders viel Staunen sorgte die sprachkompetente Ausrichtung der Schulen der Region. In Spanien haben die Autonomen Regionen die Bildungshoheit und Aragonien hat sich das Ziel gesteckt, bis 2030 alle Schulen bilingual auszurichten. Aktuell haben mehr als die Hälfte der Schulen eine bilinguale Ausrichtung (Spanisch-Englisch) erreicht und alle Schüler*innen können kostenlose Sprachexamen nach dem Europäischen Referenzrahmen ablegen. Dennoch fühlen sich die Lehrkräfte teils überfordert, ihren fachlichen Unterricht in Englisch zu unterrichten. Deshalb versucht das Bildungszentrum Centro Aragonés de Lenguas Extranjeras para la Educación Bilinguales (CARLEE), vielfältige Weiterbildungswege berufsbegleitend für die Lehrkräfte anzubieten. Eine von Ihnen ist Jenny Tsalera. Ihre eigene Passion ist es, digital Wissen zu vermitteln. Mit digitalen methodischen Plattformen und praxisorientiertem Unterricht wie etwa Literaturclubs bietet sie zum Beispiel die Möglichkeit, Sprachpraxis für den Unterricht zu entwickeln und Wege des Lernens innovativ zu gestalten. Doch wie sieht es hinter den Klassenraumtüren aus? Welchen Weg gehen die Schulen in der Kleinstadt Huesca?

Im Folgenden geben wir Ihnen einen kurzen Überblick zu den Highlights der einzelnen Schulformen, die die Delegation kennenlernen durfte:

Das spanische Bildungssystem unterteilt sich in drei Bildungsbereiche: Die Grundschule, die Sekundarstufe und die höhere Bildung in Form eines Studiums oder einer höheren Berufsausbildung. Es besteht die allgemeine zehnjährige Schulpflicht vom sechsten bis zum 16. Lebensjahr.


Grundschule: Die Grundschule dauert sechs Jahre und verhält sich analog zu den deutschen Bundesländern Berlin und Brandenburg.


Sekundarschule: Der zweite Bildungsbereich ist die Sekundarstufe I, die „Educación Secundaria Obligatoria (ESO)“. Sie dauert vier Jahre und wird mit dem 16. Lebensjahr abgeschlossen. 75,1 Prozent aller Schüler erhalten den Titel „graduado“, was dem Mittleren Schulabschluss in Deutschland entspricht.


Allen Schüler*innen wird eine berufliche Grundbildung vermittelt, um sie auf das Berufsleben bzw. auf die weiterführende Schule vorzubereiten. In dem ehemaligen Universitätsgebäude können die Schüler*innen der IES Ramón y Cajal in der eigenen Radiostation sowie im Ton- und Aufnahmestudio live on air gehen. Wie in allen besuchten Schulen sind auch hier die UN-Nachhaltigkeitsziele präsent. Im Schulalltag spiegeln sie sich auf thematischen Plakaten oder zu Aktionstagen wider.

In der Art School “Ojo Pajarico project” näherte sich die Schülerschaft den SDGs mit Fensterkunst. Das Ziel lautete, Vögel vor geschlossenen Fenstern zu schützen. Die Art School ist mit der Sekundarstufe II zu vergleichen. Die Schüler*innen können nach dem mittleren Schulabschluss zwischen einem künstlerischen, naturwissenschaftlichen, geistes- und sozialwissenschaftlichen und technologischen Profil wählen. Funktion der zweijährigen Weiterbildung ist der Übergang in die höhere Berufsausbildung oder in den Hochschulbereich.

Die Abendschule “Centro Público d'Educación de Personas Adultas Miguel Hernández” hat zum Ziel, zweite Chancen zu ermöglichen. Es ist ein Ort, an dem Jung und Alt und Einheimische und Neuzugezogene gemeinsam lernen. Geboten werden niederschwelliger und bedarfsorientierter Unterricht für Führerschein- oder Aufnahmeprüfungen sowie Schulabschlüsse und Sprachunterricht für alle (ob mit oder ohne Pass). Hierfür wird auf digitale Angebotsstrukturen und interaktive und partizipative Methoden wie zum Beispiel Escaperooms zurückgegriffen.

Berufsschule: Im Anschluss an das E.S.O. kann anstatt dem bachillerato auch ein berufsbildender Zweig gewählt werden (Título de Técnico). Das Hauptziel ist in diesem Fall nicht das spätere Studium an einer spanischen Universität, sondern ein Abschluss in einem der gängigen Lehrberufe. „Bei den Ciclos Formativos de Grado Medio de Formación Profesional beispielsweise gibt es über Hunderte verschiedene Spezialisierungen, darunter etwa Informatik, Mechanik, Hotellerie oder Pflegeberufe", erklärte die Sprecherin des Bildungsministeriums. Es werden spezialisierte Fächer und Projekte wie “erneuerbare Energien” und “Photovoltaik” mit jeweils technischer Ausstattung angeboten.


Es bestehen für unterschiedliche Ausbildungsberufe Kooperationen mit anderen europäischen Berufsschulen, so u.a. mit deutschen Berufsschulen. Da das Konzept der dualen Ausbildung (schulische in Kombination mit betrieblicher Ausbildung) im spanischen Bildungssystem nicht besteht, war die Schulleitung insbesondere an dem intereuropäischen Austausch interessiert. Wichtig ist aus ihrer Sicht die frühzeitige Anbindung von Berufsschüler*innen an Unternehmen, um den Übergang aus der Schule in die Arbeitswelt zu erleichtern. Dieser Aspekt wurde durch die Kooperation mit einer Dresdner Berufsschule in das spanische Lehrkonzept übernommen.

Beeindruckend war zudem die technische Ausstattung der Berufsschule im Hinblick auf die Nutzung moderner Technik. So verfügt die Schule über einen Technikbereich, der handwerkliche Simulationen (Traktorbeladung) in virtueller Realität erleben lässt. Zudem experimentieren die Schüler*innen mit Techniken des 3-D-Drucks und Scans zur Herstellung von handwerklichen Modellen.

Zusätzlich wird an der Berufsschule eine Qualifikation zur Reinigungskraft speziell für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen angeboten. Im Kontext inklusiver Schulformen werden Berufsschüler*innen mit und ohne kognitive Beeinträchtigungen im gleichen Gebäudekomplex, jedoch in unterschiedlichen Räumen und Klassen unterrichtet.

In den Gebäuden der Berufsschule sind die SDGs thematisch sehr präsent – sei es durch Informationstafeln, eine Sonderausstellung zum Awarenesstag zur Gewalt gegen Frauen oder die farbliche Gestaltung der Flure. Inhalte der SDG sind Bestandteil des Unterrichts und werden im Rahmen von Projekten reflektiert.

 

Kontakt

Dr. Katja Michalak
Projektleitung

E-Mail: Katja.Michalak@agsa.de

Webseite Fachstelle IKOE: https://agsa-ikoe.de

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